Verständnis für Kritik von Christine Lieberknecht

Wolfgang Huber hält die Kritik der ehemaligen thüringischen Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht am Agieren der Kirchen in der Corona-Krise teils für gerechtfertigt.

"Sie hat in sicherlich überspitzter Form Sorgen und Enttäuschungen zum Ausdruck gebracht, mit denen sie nicht allein steht", sagte der Theologe am 19. Mai 2020 der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Die Kirche hat auch nach meinem Gefühl die Aufgabe der Seelsorge und Fürsorge für Kranke, Alte und Sterbende nicht mit dem gebotenen Nachdruck herausgestellt."

Dies müsse man aber strikt trennen vom Engagement der Seelsorgerinnen und Seelsorger, die in der Krise trotz aller Beschränkungen sehr viel geleistet hätten. Selbst im nicht besonders kirchlich geprägten Berlin hätten Geistliche immer Zugang zu Schwerkranken bekommen, selbst wenn Angehörige abgewiesen worden seien. "Wir haben in Berliner Krankenhäusern keine Unterbrechung der Seelsorge gehabt", stellte Huber klar.

Nach seiner Kenntnis könne man nicht sagen, dass Pfarrerinnen und Pfarrern in größerer Zahl der Zugang verweigert wurde, meist noch eher in Pflegeheimen als in Krankenhäusern. Die Kirche hätte hier aber noch stärker öffentlich betonen müssen, dass dieser Zugang sogar von der Verfassung geschützt sei.

Lieberknecht hatte den Kirchen vorgeworfen, die Menschen in den vergangenen Wochen allein gelassen zu haben. "Da wurde kein letzter Psalm gebetet, es gab keinen Trost, keine Aussegnung am Sterbebett", sagte die CDU-Politikerin und frühere evangelische Pastorin im Interview mit der Welt.

Der dpa-Beitrag in der Süddeutschen Zeitung